Metz
Das Frühstück in der Unterkunft lassen wir ausfallen. Wir werden später im Zug auf dem Weg nach Paris unsere Reste an Äpfeln und Käse verzehren und in Paris einen Salat zu Mittag essen.
Der Himmel ist beim Aufsatteln noch bedeckt. Aber es ist schon warm.
Der Weg zum Bahnhof ist kurz. Noch schnell ein paar Abschiedsfotos und schon sitzen wir in der Halle und schauen auf die Anzeigetafel. Hier in Frankreich werden nämlich die Gleisnummern erst kurz vor der Abfahrt angezeigt. Dadurch warten alle gemeinsam. In der Halle steht ein Klavier. Meine Sitz-Nachbarin steht auf und spielt etwas: klingt gut und verkürzt die Wartezeit.
Da kommt auch schon kommt die Anzeige: Gleis 6 – viele setzen sich in Richtung Tunnel-Unterführung zu den Gleisen in Bewegung. Wir folgen dem Pulk. Doch halt; wo ist der Aufzug? Doch Walli erinnert sich: Hier nicht sondern eine Unterführung weiter. Also, schnell rumdrehen raus aus dem Bahnhof und rauf auf die Räder ein paar hundert Meter am Bahnhofsvorplatz lang radeln. Walli fährt voraus und gibt alles. Als sie in die Unterführung mit den Fahrstühlen schwungvoll einbiegt, habe ich sie wieder eingeholt. Jetzt Ruhe bewahren, einzeln in den sehr knappen Fahrstuhl und dann zügig zum TGV Wagen 11.
Absatteln und arbeitsteilig die Räder und Packtaschen rein bugsieren. Dabei die schnell und kraftvoll schließende Abteil-Automatiktür überlisten während man die Fahrräder ins Abteil fädelt. Aber diese Abläufe haben wir für uns versucht zu optimieren. Dabei sind in den letzten zwei Jahren der eine oder andere Kalkhoff-Kettenschutz aus Plexiglas im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke geblieben. Heute geht alles gut.
Nach gut zwei Stunden laufen wir im Bahnhof Ost in Paris ein. Wir haben Zeit und lassen die anderen Reisegäste vor uns aussteigen.
Paris
Als wir die Räder wieder aufgesattelt haben, ist der Bahnsteig schon fast wieder leer. Wir sitzen auf und fahren los. Als wir die zahlreichen Sicherheitskräfte passiert haben und in die Halle kommen steigen wir natürlich wieder ab. Beim Schieben durch die Halle kommt uns der aus den Vorjahren bekannte Gare De l’Est fast schon wie ein alter Bekannter vor. 😉
In Paris ist es heiter und warm. Die Sonne meint es gut mit uns. Jetzt geht’s vom Bahnhof Ost mit den Rädern rund 8 km auf vorgeplanter Route und mit kurzen Zwischenstationen zum Bahnhof Montparnasse.
Kurz vor der Seine ist es Zeit für eine Trinkpause. Wir genehmigen uns zwei grosse Kaffee Americano im Straßen-Café bei einem wunderbaren Blick auf die Basilica Sacré-Cœur de Montmartre und Notre Dame de Paris. Allerdings scheint der Kaffee-Preis den fantastischen Blick mit einzuschließen.
Turm Saint-Jacques und Église Saint-Jacques-Du-Haut-Pas
Wir passieren auch den Sammelpunkt für den Pilgerweg Via Turonensis. Dieser war am Turm Saint-Jacques. Er führt dann über die Rue Saint-Jacques zur
Pfarrkirche Saint-Jacques-du-Haut-Pas, wo früher die Pilger vermutlich die Stadt Paris
verlassen haben.
Église Saint-Séverin Paris – Unsere ersten Pilgerstempel dieser Reise
Die Pfarrkirche Saint-Séverin gilt als die älteste Kirche der Stadt auf dem linken Seine-Ufer und liegt direkt an der Rue Saint-Jacques. Wir besichtigen die Kirche. Ich komme mit dem Priester kurz ins Gespräch und er hat den ersten Pilgerstempel dieser Reise für uns.
Danach fahren wir weiter in Richtung Bahnhof Montparnasse, Unterwegs nehmen wir in einem der schönen Cafés noch einen Salat zu uns.
Bahnhof Montparnasse
Wir müssen in die zweite Etage. Das geht trotz der etwas knappen Abmessungen des Fahrstuhls mit Lenkereinschlagen auf 90° und etwas Schrägstellen des Fahrrads sowie ein bisschen Improvisieren recht gut.
Wir warten – wie heute morgen in Metz geübt – geduldig auf die Anzeige der Gleisnummer. Die Gleise sind hier mit Sicherheitskräften und Sperren massiv abgeriegelt. Unser TGV hat die doppelte Länge, besteht also aus zwei gekoppelten Zügen die später getrennt werden. Mit Hilfe eines Schaffners finden wir auf dem extrem langen Gleis unseren Wagen Nr. 11 mit den reservierten Sitz und Stellplätzen. Es ist Freitag und der Zug scheint komplett ausgebucht zu sein. Dadurch herrscht natürlich ein Riesen-Getümmel an den Türen des TGV. Ein eifriger und freundlicher Schaffner hilft uns beim Einsteigen und Bugsieren der Fahrräder an Ort und Stelle. Darüber freuen wir uns natürlich. Als er gerade mit meinem Rad einen kurzen Moment in der Tür verweilt, ahne ich das Schlimmste. Und richtig die französische Tür-Guillotine donnert erbarmungslos zu und befördert meinen Kettenschutz in die ewigen Jagdgründe. Später stelle ich in Bayonne einen sauberen Bruch neben der Halteschraube fest. Na gut, denke ich, ist ja nicht die erste grosse Tour die ich ohne Kettenschutz fahre.
Paris – Bayonne
Während der fünfstündigen Zugfahrt gebe ich etwas Text hier in den Blog ein. Auf den großen Bahnhöfen gibt’s kostenlose W-LAN. Im TGV allerdings nicht. Da kommt mein für solche Fälle gedachtes Prepaid-Reservehandy als W-LAN Accesspoint zum Einsatz. Mit dem T-Mobile Partner ORANGE, den ich manuell einstelle, funzt das Ganze ganz ordentlich. Natürlich gibt es in der Pampa und im Tunnel Internetausfälle. Bleibt man hier geduldig und speichert oft genug ab, geht das Ganze ohne Datenverlust über die Bühne.
Bayonne
Freitag, 9. Juni 2017
Wir kommen gegen 7:35 Uhr einigermaßen pünktlich in Bayonne an. Die Räder und unser Gepäck kriegen wir mit eigener Kraft zügig aus dem TGV.
Den Gare Bayonne kennen wir ja noch vom letzten Jahr. Hier gibt’s keinen Fahrstuhl. Also Absatteln und die Räder die Treppe runter und nach der Querung in der Unterführung auch wieder die nächste rauf tragen. Das hält uns fit, oder?
Auf dem Bahnhofsvorplatz müssen wir noch eben Wallis Kettenschutz richten und meinen demontieren und in die ewigen Jagdgründe begleiten. 😉
Endlich sitzen wir wieder auf den Rädern und überqueren den Fluss Adour. Per Fahrrad-Navi geht’s zur kleinen Herberge. Nach kurzer Zeit sind wir am geplanten Zielpunkt. Schade nur – hier ist aber die Herberge nicht (mehr). Ein Telefonat klärt, dass wir hier falsch sind. Hier habe ich wohl den alten Standort in den elektronischen Karten benutzt. Ein freundlicher Mensch hilft mir beim neuen Wegpunkt setzen. Nach einer kurzen Irrfahrt finden wir dann doch noch die heutige Unterkunft. Eine Mitpilgerin nimmt uns in Empfang und zeigt uns alles.
Anschließend gehen wir noch um die Ecke ein Bier trinken. Auch eine kleine leckere französische Käseauswahl rundet den Abend in Bayonne ab. Wir bleiben zwei Nächte hier.
Samstag 10. Juni 2017
Wir lassen es heute langsam angehen. Unsere Mitpilgerin ist früh dran und möchte heute morgen der ersten Zug nach Saint-Jean-Pied-de-Port erwischen.
Wir haben sehr gut hier in der privaten Herberge geschlafen. Von den vier Etagenbetten sind drei belegt. Es ist super gemütlich und herzenswarm hier. Catharina stammt ehemals aus Hamburg, ist u.a. Pilgerbegleiterin und lebt seit vielen Jahren hier in Frankreich.
Beim entspannten Frühstück kommen wir in einen wunderschönen handgemalten Stempel in unseren Pilgerausweis.
Mittags schauen wir uns in der Stadt um. Da werden viele Erinnerungen an unseren Aufenthalt hier im letzten Jahr und die damalige Fêtes de Bayonne wach. Es ist warm und der Himmel ist strahlend blau. Beim Mittagessen im Freien neben der Kathedrale – es gibt einen frischen Salat – fühlen wir uns wie Gott in Frankreich. 😉
Gegen 13 Uhr sind wir mit Catharina zu einer kleinen Runde durch Bayonne verabredet. Eine für uns super maßgeschneiderte und spannende Tour: Zu Fuß durch Bayonne mit jeder Menge Eindrücken und Einblicken sowie vielen Hintergrundinformationen zur Geschichte der Stadt, ihrer Menschen und den unterschiedlichen Quartieren. Ich bin oft bewegt und ergriffen und komme kaum aus den Staunen raus. In den fast drei Stunden kommen wir an vielen eindrucksvollen Orten der Pilger vorbei, wovon wir viele alleine sicher nicht gefunden hätten. – GROSSARTIG, DANKE CATHARINA!
Mit den Bildern des Tages nehmen wir tolle Erinnerungen an diesen Rundgang mit.
Den Abend lassen wir entspannt an der Nive ausklingen.
Tacho Logbuch Tag 3 und 4My Camino: Freitag, 9. Juni 2017
Metz 1 Fahrrad-Kilometer
Metz – Paris xx Bahn-Kilometer
Paris 9 Fahrrad-Kilometer
Paris – Bayonne xx Bahn-Kilometer
Bayonne 4 Fahrrad-Kilometer
My Camino: Samstag, 10. Juni 2017
Bayonne 0 Fahrrad-Kilometer
Reale Tagesetappen 14 Fahrrad-Kilometer
Realer Tourauflauf 54 Fahrrad-Kilometer
Fazit
Der Tag 3 und 4: trotz dem kleinen Malheur mit meinem geschreddertem Kettenschutz und der kleinen Irrfahrt zur Unterkunft, ein toller dritter Tag. Höhepunkt war für mich die Fahrt mit dem Rad durch Paris auf den Spuren der Jakobspilger.
Bei bestem Wetter erleben wir unseren Ruhetag, den Tag 4: Wir genießen die Zeit zum Innehalten mittags und abends. Als ein absolutes Highlight wird uns sicher der Nachmittag mit Catharina in Erinnerung bleiben. Ohne Sprachbarriere mit einer absolut kompetenten Pilgerführerin in Bayonne auf den Spuren der Jakobspilger und der Geschichte unterwegs sein zu dürfen – FANTASTISCH!
Morgen geht’s mit den Rädern erst am Fluss Nive entlang und dann ab in Richtung Pyrenäen.
Unterkunft
Albergue chez nous
Catharina Bodenstein
6, rue Port Neuf
64100 Bayonne
Bilder der Tage 9. bis 10. Juni 2017
Hinweis: Wenn Sie zufällig abgebildet sein sollten, stellen wir Ihnen das Foto / die Fotos, auf denen Sie selbst zu sehen sind, für Ihre privaten Zwecke gern kostenlos zur Verfügung und – auf Ihren Wunsch hin – löschen wir solche Bilder natürlich sofort. Benutzen Sie dazu die Kontakt-Seite.
Hilfe: Gallery Bayonne
20170609 Bayonne
20170610 Bayonne
Etappe Metz
2017-06-09-Metz.gpx
Hilfe: WP GPX Maps
Maximale Höhe: 201 m
Minimale Höhe: 195 m
Gesamtanstieg: 10 m
Gesamtabstieg: -7 m
Gesamtzeit: 00:28:47
Etappe Paris
2017-06-09-Paris.gpx
Hilfe: WP GPX Maps
Maximale Höhe: 48 m
Minimale Höhe: 27 m
Gesamtanstieg: 67 m
Gesamtabstieg: -64 m
Gesamtzeit: 03:31:41
Etappe Bayonne
2017-06-09-Bayonne.gpx
Hilfe: WP GPX Maps
Maximale Höhe: 9 m
Minimale Höhe: -1 m
Gesamtanstieg: 28 m
Gesamtabstieg: -30 m
Gesamtzeit: 01:00:59
Wieder ein spannender Einstiegbericht zu einer großen Pilgerreise. Heute, am Morgen, bin ich in Udenhausen um halb sechs aufgestanden. Die Vögel im Garten hatten schon ihr Konzert begonnen und draußen hob sich der feuchte Morgendunst gen Himmel. Nachdem ich diesen Anblick fotografiert hatte, logge ich mich in Euren Blog ein und schaute die neuen Berichte an. Jetzt um knapp 6:30h geht die Sonne mit Macht auf und der riesige Vagelien Busch leuchtet mit seinen roten Blüten in voller Pracht. Ich habe mir einen Tee gemacht und genieße den Beginn eines wunderbaren Tages. Am Nachmittag kommt die Silke W. Im Garten vorbei und macht von meinem holländischen Bildhauerfreund, John Spek und mir schöne Profibilder. John ist mit Astrid, seinem riesigen Hymermobil und zwei Hunden bei mir im Garten. Wir sind schon 43 Jahre befreundet. 1974 haben wir, Nachts, in Schottland, unsere riesigen Zeltheringe aus Holz in den Boden eines Golfplatz bei Ford William gerammt, das hat wohl unsere tiefe, internationale, Freundschaft besiegelt. Nun haben wir gestern Abend, beim Paule, einen Toast auf Euch Zwei ausgesprochen und kräftig auf das gute Gelingen Eurer Fahrradpilgerreise angestoßen. Von John, Astrid, den Hunden Ludwig und Odie, und natürlich von mir, senden wir Euch herzliche Grüße auf Euren Pilgerpfad und denken mit Freude an Euch. Liebe, herzliche Grüße und gutes Gelingen. Dietmar & Co aus dem Pöttergarten.
Hallo Dietmar,
Danke für den tollen Kommentar. Die eine gute Zeit im Garten und mit Deinem Freund.
Beste Grüße Walli und Gustel
Hallo Ihr zwei, tolle Bilder und ein schöner und interessanter Bericht. Ich wünsche euch weitere schöne Tage. Kleine Info aus der Nordhessichen Heimat, Hombressen ist Dolles Dorf auf dem Hessentag in Rüsselsheim geworden.
Liebe Grüße, Eberhard und Ulrike
Hallo Ulrike und Eberhardt,
Danke für die Infos und Dein Interesse. Bei Gelegenheit schönen Gruß an meine Schwester und den Schwager sowie den Rest der Sippe.
Wir sind inzwischen in den Pyrenäen.
Beste Grüße Waltraud und Gustel
Hallo ihr Zwei,
kam heute mal auf die Idee zu schauen, ob ihr schon unterwegs seid. Und siehe da!! ?
Lese wie schon die letzten Jahre mit Begeisterung deine Reiseberichte. Wünsche euch weiterhin eine gute Fahrt und viele tolle Erlebnisse. ?
Ganz liebe Grüße Isolde + Jürgen ?
Hallo Isolde und Jürgen,
schön von Euch zu lesen, Ja wir sind seit 2 Wochen unterwegs. Und es ist wunderbar.
Wir kommen gerade vom spanisch/baskischen Dämmerschoppen zurück,
Zwei Bier (dos cañas) kann ich in spanisch inzwischen perfekt bestellen 😉
Beste Grüße auch an Deinen Mann.
Waltraud und Gustav aus den Pyrenäen
[…] uns auf unsere große 2017er Pilgerreise. Mit dem Zug und den Rädern über Straßburg, Metz und Paris zum Zielpunkt unserer 2016er Pilgerfahrt. In Bayonne blieben wir in einer kleinen Herberge bei […]